Lufthansa – flatterhafter Kundendienst treibt Kunden zur Konkurrenz

Kritik am Ober-Lufthanseaten Carsten Spohr findet sich in den letzten Jahren genug in den Medien. Mal wurden die „Alten“ aus dem Konzern hinauskomplementiert, mal wurden die Kunden monatelang hingehalten, weil der Konzern trotz üppiger Staatshilfen vorausbezahlte, aber nicht nutzbare Flugtickets nicht erstatten wollte. Kurzerhand wurde sogar das automatisierte Erstattungssystem ausgeschaltet wodurch Kunden noch länger warten mussten, klagten und der Konzern noch mehr Geld verlor.
Neue Airlines wurden gegründet, alte wie Germanwings ruckzuck geschlossen, womit frisches Personal teils zu Dumpinglöhnen eingekauft werden konnte. Viele „alte“, erfahrene Mitarbeiter mit routiniertem Dienstleistungsdenken blieben dabei auf der Strecke stehen und mussten trotz bestem Willen und fitter Kompetenz, aber eben gealtert dem Staat auf der Tasche liegen. Gründen, schließen, umstrukturieren ist schon lange auch eine Lufthansa-Methode, um Personal zu jonglieren. Der Traum vom Fliegen und das vorauseilende Image bringen jedenfalls immer wieder neue Bewerber – im Zweifel oft günstig.
Nun wird ein neues Dilemma an die Öffentlichkeit getragen. Und das schadet nicht nur dem Firmenimage:  Kunden erreichen die Hotline der Airlines von Lufthansa, Austrian Airlines, Swiss, Air Dolomiti, Brussels Airlines und weiteren Konzern-Gesellschaften telefonisch kaum noch oder schwer, weil Personal fehlt. Gefühlt unendliche Wartezeit am Telefon und die viel Zeitaufwand für die Beantwortung der Kundenanliegen schaffen Unmut.
Zuständig ist überwiegend die in Berlin ansässige Tochterfirma Lufthansa Global Telesales, die nach außen als „Lufthansa Intouch“ auftritt. Neben dem Berliner Callcenter betreibt die Firma auch weitere Filialen in Kapstadt, Manila, Kanada und der Türkei. Die Webseite verkündet höchste Ansprüche, um die Kunden bestens zu bedienen. Viel Glitter, Glanz und Gloria zeigen die Bilder und Videos mit strahlenden und überwiegend jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wobei allerdings viele ihren Frust über die defizitären Arbeitsbedingungen und unterirdischen Gehälter scharenweise an anderer Stelle in den sozialen Medien kundtun. Für die Callcenter sind seit langer Zeit nahezu pausenlos Stellen ausgeschrieben, bei denen die Verlockung besonders auf vergünstigte Flugtickets hinweisen – eben  nicht auf faire Gehälter. Leistungsversprechungen wie die blumig angebotenen Massagen für das gestresste Personal wurden auch schon deutlich reduziert. Auf Bewertungsportalen beschweren sich die Mitarbeiter über mangelnde Wertschätzung und Ignoranz durch Vorgesetzte, fehlende Work-Life-Balance durch rücksichtslose Dienstpläne und eben die schlechte Bezahlung.
Für Kunden bedeuten die massiven Wartezeiten bei ihren Anfragen Ärger und Frust und immer wieder neue Anläufe. Wer dann nicht auf die Konkurrenz wie Qatar Airways, British, Air France-KLM und viele andere umbucht, ist selber Schuld. Wer fliegt schon gerne fürs trockengelegte Edelimage. Es sind gerade die Zusatzleistungen mit persönlichem Kontakt, die die Kunden bei der Stange halten. Fällt der persönliche Touch weg, sehen manche nur noch den Unterschied im teuren Kaffee an Bord. Und wenn es danach geht, kann man sogar die günstigeren Billigflieger buchen. Bereits seit Jahren haben Standard-Ryanair-Sitze mehr Beinfreiheit als einige -Plätze in Lufthansa-Fliegern.
Boss Carsten Spohr, der bereits in Top-Medien wie dem Heute-Journal als Wegducker bekannt ist, hat auch bei Lufthansa Intouch lange stillgehalten. Schließlich lief es irgendwie immer weiter und durch das Anheuern immer neuer, meist jüngerer und für Lufthansa begeisterungsfähiger, formbarer Mitarbeiter wurde auch Geld gespart, die Konzernbilanz etwas glitteriger. Sogar wegen Altersdiskriminierung wird die Callcenter-Sparte mittlerweile angegangen.
Doch nun ist Gegensteuern angesagt. Und wenn Kunden abspringen verliert der Konzern womöglich Gäste auch dauerhaft an die Konkurrenz. Wer die Gehälter der Lufthansa-Intouch-Angestellten kennt, ahnt, dass bereits vom Umsatz eines gut zahlenden Geschäftskunden gleich mehrere Mitarbeiter bezahlt werden könnten. Dieses Risiko dürfte zigtausendfach wöchentlich präsent sein, denn es sind Millionen Kunden, die Hilfe durch den Callcenter der Konzernairlines suchen. Ob es von der Firmenführung wirklich erkannt wird oder erkannt werden will ist fraglich. Wenn jeder einzelne Kunde auch nur zeitweise zu besser ausgestattete Konkurrenten wechselt, könnte  der Schaden immens werden.
Das Team um Vorstand Carsten Spohr hat dieses Denken offenbar nie so recht erreicht. Wie auch einiges andere im wankenden  Lufthansa-Konzern. Um den Krisenherd herumflattern hilft hier nicht. Global denken, lokal und vorausschauend handeln schon eher.

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