TUI kriegt noch mehr Geld vom Steuerzahler

Der Touristikonzern Tui, der gerade in den letzten Jahren immer mehr Jobs ins billige Ausland verlagert hat und durch Steuerhinterziehungen in Spanien aufgefallen war, fungiert weiter als Aktiengesellschaft in Deutschland und war der erste Touristikkonzern, der in der Corona-Pandemie Geld vom deutschen Steuerzahler bekommen hat. Nun erhält Tui nochmals üppiges Geld vom Staat. 

Berlin/ Hannover - Der bestehende KfW-Kredit wird jetzt um einen Betrag von mehr als 1.000.000.000 Euro erweitert. Außerdem erhält der Konzern, der Jahr für Jahr an den Zielregionen besonders viele prekäre Arbeitsverhältnisse bedient eine Wandelanleihe über 150 Millionen Euro. Tui würde damit aktuell über Kreditlinien und Finanzmittel in Höhe von 2,4 Milliarden Euro verfügen. Ob der Konzern damit auch dem  Gemeinwohl dient und der Steuerzahler auf irgendeine Weise einen Rücklauf erwarten kann, darf bezweifelt werden. Noch vor nicht allzu langer Zeit hatte ein britisches Tochterunternehmen aus dem Tui-Firmengeflecht bereits ein risiges Steuerstrafverfahren in Spanien am Hals. 

Beim touristischen Geschäft auf den Balearen entstehen auch Steueransprüche des Staates durch Urlauber. Tui Travel hatte laut spanischen Medienberichten versucht, diese Steuern zu umgehen, und offenbar mit einer Verjährung gerechnet. 

Es handelte sich 2014 um Unternehmenssteuern in Höhe von insgesamt 28 Millionen Euro, die nicht gezahlt wurden. Die spanischen Steuerfahndung, Finanz- und Justizbehörden ließen das Vorgehen auffliegen und beschuldigte daraufhin acht ranghohe Manager des Unternehmens und leiteten ein Verfahren ein.

Damit wurde eine heftige Strafe fällig, zuzüglich der veruntreuten Steuern und Zinsen. Letztlich musste das Unternehmen etwa 50 Millionen Euro in Form eines Deals mit den Behörden zahlen. 

Aber nicht nur die Gesinnung des Unternehmens in dieser Sache ist fragwürdig. Auf Mallorca, wo der Konzern bislang seinen Kunden-Callcenter für viele seiner deutschsprachigen Reiseveranstalter ausbaute ist der Umgang mit dem Personal mehr berüchtigt als berühmt. Die Fluktuation ist erheblich, die Abteilung war in den letzen Jahren oft massiv unterbesetzt, was sich auch in einer schlechten Beantwortungsrate von Kundenanrufen und Reklamationen niederschlug von teilweise unter 30 Prozent.

Auch das Erstattungsgebahren von Tuifly gegenüber stornierten Flügen ist alles andere als edel. Viele Kunden fühlen sich geprellt und trotz gegenläufiger Rechtsansprüche über Monate vertröstet.

Nun muss der deutsche Steuerzahler wieder herhalten um auch die Aktionäre nicht zu massiv zu enttäuschen. Tui und die KfW haben vereinbart, die bestehende KfW-Kreditlinie um 1,05 Milliarden Euro zu erweitern. Die Inanspruchnahme steht unter dem Vorbehalt, dass der Konzern eine Wandelanleihe in Höhe von 150 Millionen Euro an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) begibt und die Gläubiger einer im Oktober 2021 fälligen Anleihe auf eine Begrenzung der Verschuldung der Tui verzichten. Beide Bedingungen sowie weitere formelle Voraussetzungen müssen bis zum 30. September 2020 erfüllt sein.

Das Hilfspaket über 1,2 Milliarden Euro stärkt die Position des ohnehin schon weltgrößten Reisekonzerns, indem es neues Geld zur Verfügung stellt. Damit werden laut Konzern sowohl die touristische Saisonalität im Winter 2020/21 sowie weitere längerfristige Reisebeschränkungen und Beeinträchtigungen durch COVID-19 abgedeckt.

Einschließlich der Mittel aus dem zusätzlichen Hilfspaket würde die Tui AG damit über Barmittel und Kreditmöglichkeiten in Höhe von 2,4 Milliarden Euro verfügen.

Seit der Aufhebung der Reisebeschränkungen für die meisten europäischen Destinationen profitiert die TUI von einem sanften Neustart des Programms für den Sommer 2020. Da Kunden ihre Reisen teilweise auch antreten und angeblich sogar künftige Reisen buchen, generiert der Konzern wieder ein paar Umsätze. Auch Hotels der TUI-Hotelmarken wurden wieder eröffnet und laut Pressemitteilung konnten auch die ersten Kreuzfahrten aus Deutschland wieder gestartet werden, wobei fraglich sein dürfte, was trotz der fast überall geltenden Einreisebeschränkungen überhaupt als „Kreuzfahrt“ bezeichnet werden darf. Das Bild von der Finanzsprotze für das sinkenden Schiff jedenfalls steht bei dem neuerlichen Kredit besonders den enttäuschten Reisebüros vor Augen.

Wie der erste KfW-Kredit über 1.800.000.000 Euro, der im April gewährt wurde, stockt auch der zweite KfW-Kredit die bestehende Banken-Kreditlinie („Revolving Credit Facility“, RCF) auf. Die notwendigen Änderungen sind bereits mit dem Bankenkonsortium der RCF nahezu umgesetzt.

Die potentielle Wandelanleihe mit einer Laufzeit von zunächst sechs Jahren würde vom WSF nach Abschluss eines Übernahmevertrages erworben. Die Anleihe würde mit 9,5 Prozent verzinst.

Tui hat ein Rückzahlungsoption, sobald der Kredit in Höhe von 1,05 Milliarden Euro zurückgezahlt ist. Der Konzern würde die Wandelanleihe unter Ausschluss von Bezugsrechten begeben und dafür einen bestehenden Kapitalvorratsbeschluss nutzen. Bei vollständiger Wandlung entspräche dies derzeit einem Anteil an Tui von bis zu neun Prozent. Der Wandlungspreis je Aktie würde auf 60 Prozent des durchschnittlichen Börsenkurses vor der Wandlung festgelegt, nicht aber unter 2,56 Euro.

Das erste KfW-Darlehen ist mit Bedingungen verbunden, unter anderem darf die Tui während der Laufzeit keine Dividenden zahlen und es gelten Einschränkungen für Aktienrückkäufe. Die Stabilisierungsmaßnahme sieht weitere Beschränkungen vor, beispielsweise bei Investitionen in andere Unternehmen und bei der Vergütung der Vorstandsmitglieder, solange der WSF investiert bleibt.

Der zusätzliche KfW-Kredit steht zudem unter dem Vorbehalt, dass die Inhaber der im Oktober 2021 fälligen Anleihe auf eine zukünftige Begrenzung der Verschuldung der TUI verzichten.

Foto: leere Tui-Schalter auf Mallorca

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